Kundenmagazin

20. Dezember 2016 | Kundenmagazin

Umsatzsteuer und Kalkulationsschaden

Auf dem Gebiet des Umsatzsteuerrechts kommt es immer wieder vor, dass Mandanten ihren steuerlichen Beratern vorwerfen, sie fehlerhaft über den korrekten Umsatzsteuersatz informiert zu haben. Es wurde in diesen Fällen entweder gar keine Umsatzsteuer berechnet oder ein zu niedriger Umsatzsteuersatz. Die durch die Finanzverwaltung später erfolgten Nacherhebungen der ordnungsgemäßen Umsatzsteuer werden dann als Schaden gegenüber den steuerlichen Beratern geltend gemacht. Diese Konstellation lag auch dem Sachverhalt zugrunde, über den das LG Koblenz mit Urteil vom 2.12.2015 (15 O 108/15) zu entscheiden hatte.

Der Mandant verwertete Speisereste aus Großküchen und stellte seinen Kunden aus der Abnahme der Speiseabfälle Umsatzsteuer in Höhe von 10,7 % in Rechnung. Tatsächlich war dieser Steuersatz nicht zutreffend. Nachdem eine Rechtsprechung des BFH in einer anderen Angelegenheit zu der Besteuerung vorlag, gab der Mandant korrigierte Steuererklärungen ab. In der Folge fand eine Nacherhebung durch das Finanzamt statt. Die nachzuentrichtende Umsatzsteuer, die den Kunden mangels Vorsteuerabzugsberechtigung nicht mehr in Rechnung gestellt werden konnte, sowie die Verspätungszinsen machte der Mandant anschließend gegenüber dem steuerlichen Berater gerichtlich als Schaden geltend. Er behauptete, dass er den Kunden bei korrekter Beratung die höhere Umsatzsteuer in Rechnung hätte stellen können. Der Beklagte stellte eine fehlerhafte Beratung in Abrede. Das LG wies die Klage ab.

Das Gericht ließ die Frage, ob eine fehlerhafte Beratung vorliege oder nicht, offen. Denn die berechtigte Nachforderung einer gesetzlichen Steuer stelle grundsätzlich und für sich alleine keinen Schaden dar, da die Umsatzsteuer unabhängig von der Frage einer erteilten, nicht erteilten oder fehlerhaft erteilten Auskunft eines Steuerberaters anfalle. Es handele sich hier lediglich um die Belastung mit den gesetzlich vorgesehenen Steuern. Der eigentliche Schaden könne dementsprechend nur darin liegen, dass dem Kläger ein höherer Umsatz entgangen sei, weil er es unterlassen habe, seine Preise gegenüber den Kunden entsprechend anzuheben, um auf diese Weise die von ihm zu zahlende Umsatzsteuer zu erwirtschaften. Hierfür sei der Kläger aber darlegungs- und beweispflichtig. Er hätte schlüssig darlegen müssen, dass er seine Preise um den jeweils geltenden Umsatzsteuersatz angehoben hätte und dass er diese Preise ohne Geschäftsrückgang auch am Markt hätte durchsetzen können. Dazu sei eine Offenlegung der Kalkulation erforderlich. Darüber hinaus sei ein schlüssiger Vergleich auf Basis vergleichbarer Leistungen mit konkret vergleichbaren Mitbewerbern vor Ort anzustellen. Diesen Anforderungen kam der Kläger jedoch nicht nach.

Die daneben geltend gemachten Zinsen wurden dem Kläger ebenfalls nicht zugesprochen. Denn hier habe er sich einen erzielbaren Renditevorteil anrechnen lassen müssen, der dadurch entstanden sei, dass er mit der nicht abgeführten Umsatzsteuer bis zu deren Festsetzung bzw. Nachzahlung wirtschaften konnte.

Das Urteil des LG bewegt sich vollumfänglich auf der Linie der oberen Rechtsprechung. Erwähnt seien hier die Entscheidungen des OLG Düsseldorf vom 25.11.2011 (AZ: 23 U 42/11; Juris), OLG Koblenz vom 27.8.2013 (AZ: 3 W 432/13; Juris) oder OLG Köln vom 8.3.2007 (AZ: 8 U 19/06; DStR 2008, 167 f.; Juris), wobei die Entscheidung des OLG Köln vom 8.3.2007 durch Beschluss des BGH vom 21.2.2008 (AZ: IX ZR 62/07; DStRE 2009, 328; Juris) bestätigt worden ist. All diesen Fällen ist zwar gemeinsam, dass ein berufliches Fehlverhalten des steuerlichen Beraters zu bejahen sein dürfte, letztendlich aber der Anspruchsteller nicht den Beweis erbringen konnte, dass er höhere Preise am Markt hätte durchsetzen können. Zwar sind die Ergebnisse dieser gerichtlichen Entscheidungen für den Berufsstand als erfreulich zu bezeichnen, dennoch sollte sich der steuerliche Berater bewusst sein, dass das Gebiet des Umsatzsteuerrechts generell haftungsträchtig ist.