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Rechtsprechung bei Ordnungsgeldfestsetzung aufgrund verspäteter Offenlegung von Jahresabschlüssen
In Beschwerdeverfahren gegen die Ordnungsgeldfestsetzung aufgrund der verspäteten Offenlegung von Jahresabschlüssen beim elektronischen Bundesanzeiger nach §§ 325, 335 HGB sind die Erfolgsaussichten bekanntlich als äußerst gering einzustufen. Wie ein aktueller Beschluss des LG Bonn vom 6.6.2013 (AZ: 31 T 59/13) zeigt, besteht jedoch Anlass zur Hoffnung, zumindest unter engen Voraussetzungen in Beschwerdeverfahren erfolgreich zu sein.
Ein mit der Erstellung und der Offenlegung des Jahresabschlusses beauftragter Steuerberater hatte innerhalb der vom Bundesamt für Justiz mit der Androhungsverfügung gesetzten Nachreichungsfrist vergeblich die Offenlegung über einen dafür anerkannten IT-Dienstleister versucht. Wie sich erst später herausstellte, war diese aus technischen Gründen fehlgeschlagen. Da der Steuerberater jedoch von dem Erfolg der Offenlegung überzeugt war, hatte er der Geschäftsführung seiner Mandantin vorher die erfolgreiche Übermittlung bestätigt. Wie in diesen Fällen üblich, wurde das Ordnungsgeld festgesetzt. Dagegen hatte die offenlegungspflichtige Gesellschaft Beschwerde eingelegt. Das LG Bonn hat nun die Ordnungsgeldentscheidung aufgehoben, weil eine schuldhafte Verletzung der Offenlegungspflicht des Mandanten nach § 325 ff. HGB nicht festgestellt werden konnte.
Wie bereits vom LG Bonn im Beschluss vom 21.3.2011 festgestellt (AZ: 35 T 1620/10; DStR 2011, 780 ff.; BB 2011, 1456 f.), hat eine Gesellschaft bei der Hinzuziehung eines Fachberaters grundsätzlich dafür Sorge zu tragen, dass ihr Unregelmäßigkeiten bei der Pflichterfüllung nicht über einen längeren Zeitraum hinweg verborgen bleiben. Dazu hatte das LG Bonn auf das Urteil des FG Nürnberg vom 12.6.2007 (AZ: II 144/2004; Juris) verwiesen. Erst wenn die Pflichterfüllung für die Gesellschaft zuverlässig von der beauftragten Person bestätigt wird, kann sie die Offenlegung als erledigt betrachten. Mit dem Beschluss des LG Bonn vom 21.3.2011 wurde die Beschwerde gegen eine Ordnungsgeldfestsetzung als unbegründet zurückgewiesen, da die beschwerdeführende Gesellschaft nicht innerhalb der mit der Androhungsverfügung gesetzten Nachfrist beim Steuerberater, der das Auftragsschreiben nicht erhalten hatte, nachgefragt hatte, ob die Frist eingehalten worden war.
In dem vom LG Bonn im Beschluss vom 6.6.2013 nun zu beurteilenden Sachverhalt durfte die Gesellschaft aber mangels abweichender Hinweise auf die erfolgte Bestätigung der fristgerechten Veröffentlichung durch den Steuerberater vertrauen. Eine weitere Nachfrage hätte den Steuerberater nicht zu einer Überprüfung veranlasst, da er selbst davon ausging, alles Erforderliche veranlasst zu haben. Die Beschwerdeführerin treffe daher kein Überwachungsverschulden. Ein Verschulden des Steuerberaters sei ihr aber nach Auffassung der Kammer weder gemäß § 278 BGB noch § 152 Abs. 1 Satz 3 AO direkt oder in entsprechender Anwendung zuzurechnen. Abweichend dazu ging das LG Bonn im Beschluss vom 29.10.2008 (AZ: 30 T 104/08; DStR 9/2009, 451 f.) noch davon aus, dass ein mögliches Verschulden des Steuerberaters oder sogar des IT-Dienstleisters nach § 278 BGB zugerechnet wird. Im hier besprochenen Fall blieb hingegen offen, ob das Verschulden eines Steuerberaters als Erfüllungsgehilfe oder einer mit der Offenlegung betrauten Hilfsperson des Mandanten generell nicht zugerechnet wird oder ob im konkreten Fall noch nicht einmal ein fahrlässiges Fehlverhalten des Steuerberaters bei der Datenübermittlung angenommen wurde.
Obwohl die Beschwerde erfolgreich war und kein Ordnungsgeld zu zahlen war, hatte die Beschwerdeführerin nach dem LG Bonn keinen Anspruch auf Kostenerstattung, da sie den angefochtenen Ordnungsgeldbescheid durch die verspätete Übermittlung der zu veröffentlichten Unterlagen beim elektronischen Bundesanzeiger verursacht hatte.
Um sich vor der Inanspruchnahme wegen der verspäteten Einreichung des Jahresabschlusses aufgrund von elektronischen Übermittlungsfehlern abzusichern, empfehlen wir, den Übermittlungserfolg zu überprüfen (z. B. durch eine Statusabfrage). Im Anschluss daran sollte die Geschäftsführung des Mandanten schriftlich darüber informiert werden, dass die offenlegungspflichtigen Daten an den Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers fristgerecht weitergeleitet worden sind, und zugleich die betreffende Honorarabrechnung übermittelt werden (LG Bonn, Beschluss vom 15.10.2010, AZ: 36 T 641/10).
Ohne Gewähr dafür übernehmen zu können, besteht aufgrund der hier zitierten Rechtsprechung eine realistische Chance, dass diese Vorkehrungen im Beschwerdeverfahren als glaubhaft dafür angesehen werden, dass die Geschäftsleitung der offenlegungspflichtigen Gesellschaft davon ausgehen durfte, die erforderlichen Maßnahmen vorgenommen zu haben, um die Offenlegungspflichten zu erfüllen. Es bleibt darauf hinzuweisen, dass die Absendung eines Auftragsschreibens an den Steuerberater nicht ausreichend ist, sofern durch den Mandanten innerhalb einer angemessenen Wiedervorlagefrist keine Nachfrage beim Steuerberater erfolgt, ob die Rechnungslegungsunterlagen fristgerecht eingereicht wurden.
Zu dem Thema der Offenlegung beim elektronischen Bundesanzeiger in haftungsrechtlicher Hinsicht verweisen wir ergänzend auf unseren Beitrag „Häufige Fehler bei der Offenlegung von Jahresabschlüssen“ (WPK Magazin 1/2011, 29 f.).