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2. Februar 2004 | Fachzeitschriften

Neues von der Dritthaftung

Die Haftung des Abschlussprüfers gegenüber Dritten (z.B. Kreditinstitute, Geschäftspartner, Gesellschafter und Beteiligungsinteressenten) ist nach wie vor ein zentrales Regressproblem der Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer. Bisher gab es keine gesetzliche Regelung zu dieser Problematik. Die Rechtsentwicklung wird durch die Rechtsprechung bestimmt (richterliche Rechtsfortbildung).

Durch Urteil vom 9.7.2002 – 4 O 599/01 des LG Bielefeld und das Berufungsurteil des OLG Hamm vom 9.4.2003 – 25 U 108/02 wurde die Klage zweier Kreditinstitute gegen den Abschlussprüfer abgewiesen. Es lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die beklagten vereidigten Buchprüfer waren Abschlussprüfer einer mittelgroßen Kapitalgesellschaft (GmbH). Sie testierten die Bilanzen für 1995 und 1996 mit dem berufsüblichen Bestätigungsvermerk. Die Allgemeinen Auftragsbedingungen waren vereinbart. Die beiden Kreditinstitute erhöhten im ersten Quartal 1997 und im ersten Quartal 1998 die von der GmbH beantragten Kredite um Millionenbeträge. Im November 1998 wurde über das Vermögen der GmbH das Konkursverfahren eröffnet. Beide Banken klagten aus ihren Kreditausfällen den Betrag von jeweils 2 Mio. DM ein. Die Umstände der Krediterhöhungen sind streitig. Die klagenden Kreditinstitute behaupteten, im Vertrauen auf die von den Berufsangehörigen geprüften und testierten Bilanzen die Krediterhöhungen vorgenommen zu haben.

LG und OLG kommen mit unterschiedlicher Begründung zur Klageabweisung. Das OLG vertritt zur Kausalität folgende Auffassung:

„Zu Recht rügt die Berufung allerdings die Verletzung formellen und materiellen Rechtes, soweit das Landgericht den ursächlichen Zusammenhang zwischen einer etwaigen Pflichtverletzung der Beklagten und einem Schaden der Klägerinnen wegen Nichteinhaltung der Anforderungen des § 18 KWG verneint hat. Selbst wenn man einen Verstoß der Klägerinnen gegen die genannte Bestimmung unterstellt, würde dies die Kausalität einer etwaigen Pflichtverletzung weder unter dem Gesichtspunkt der Adäquanz noch unter dem des Schutzzweckes der Norm in Frage stellen, sondern wäre allenfalls im Rahmen eines etwaigen Mitverschuldens nach § 254 BGB zu berücksichtigen.“

Letztlich entscheidungserheblich ist für den Senat folgender Gesichtspunkt:

„Die Beklagten würden den Klägerinnen auf Schadensersatz nur haften, wenn diese wirksam in den Schutzbereich des den Beklagten von der …GmbH erteilten Prüfauftrages einbezogen worden wären; für eine andere in Betracht kommende Anspruchsgrundlage ist nichts Gerichtsstand für die Honorarklage dargelegt und nicht ersichtlich. Das tatsächliche Vorbringen der Klägerinnen rechtfertigt jedoch nicht die Annahme ihrer Einbeziehung in den Schutzbereich des Prüfungsauftrages.“

Das Gericht führt aus, daß der Bundesgerichtshof (BGHZ 138, 257 = WPK-Mitt. 1998, 255) die Ausdehnung der Haftung auf Dritte im Grundsatz auch für möglich halte, wenn, wie im vorliegenden Fall, Gegenstand des Auftrages die handelsrechtliche Pflichtprüfung nach §§ 316 Abs. 1, 267 Abs. 2 HGB gewesen sei. Allerdings habe der BGH auch klargestellt, dass die in § 323 HGB zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Intention, das Haftungsrisiko angemessen zu begrenzen, auch im Rahmen der vertraglichen Dritthaftung des Abschlussprüfers Beachtung finden müsse. Das OLG Hamm betont, dass der Abschlussprüfer wohl nicht bereit sei, ein weitergehendes Haftungsrisiko zu übernehmen. Etwas anderes könne nur gelten, wenn die Vertragsteile bei Auftragserteilung ggf. auch zu einem späteren Zeitpunkt übereinstimmend davon ausgingen, dass die Prüfung auch im Interesse eines Dritten durchgeführt werde und das Ergebnis diesem Dritten als Entscheidungsgrundlage dienen solle.

Der Senat rückt Ziffer 7 der dem Prüfungsauftrag zugrunde liegenden Allgemeinen Auftragsbedingungen in den Vordergrund der Entscheidungsgründe. Wörtlich heißt es:

„Diese Regelung entspricht durchaus der dargestellten Intention der BGH-Rechtsprechung in Bezug auf Begründung und Begrenzung des Drittschutzes, nämlich, dass es Sache der Vertragsparteien ist, zu bestimmen, gegenüber welchen Personen eine Schutzpflicht begründet werden soll, und, dass – insbesondere im Falle der Pflichtprüfung – dem schutzwürdigen Interesse des Wirtschaftsprüfers an einer angemessenen Begrenzung seiner Dritthaftung Rechnung zu tragen ist. Mit dem in Ziff. 7 geregelten Erfordernis der schriftlichen Zustimmung zur Weitergabe behält der Wirtschaftsprüfer die Entscheidung über den Umfang seiner Dritthaftung. Dies entspricht, wie ausgeführt, der Intention des § 323 HGB sowie der BGH-Rechtsprechung und hält auch der Billigkeitskontrolle nach § 9 AGBG stand.“

Das OLG macht noch Ausführungen zu weiteren materiell-rechtlichen Fragen. Die Voraussetzungen schuldhafter und für die geltend gemachten Schäden kausaler Pflichtverletzungen seitens der Beklagten seien nicht festzustellen.

Mitgeteilt von der Versicherungsstelle Wiesbaden, Versicherergemeinschaft für das wirtschaftliche Prüfungs- und Treuhandwesen.

Quelle: WPK Magazin, 1/2004