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Hinweis auf Nachversteuerungsfrist nach § 13 a Abs. 5 ErbStG
Die Übertragung von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen oder Anteilen an Kapitalgesellschaften im Wege der vorweggenommenen Erbfolge oder der erbfallbedingten Rechtsnachfolge ist ein bedeutender Bestandteil der steuerrechtlichen Beratungspraxis.
Der Gesetzgeber hat zur Erleichterung der Generationsnachfolge in § 13 a ErbStG Steuervergünstigungen in Form eines Verschonungsabschlags und eines Steuerfreibetrags geschaffen, die jedoch zum Schutz des übertragenen Vermögens unter der Einschränkung einer sogenannten Behaltensfrist gewährt werden. Diese Sperrfrist beginnt mit dem Vollzug der Schenkung oder dem Erbfall. Sofern der Erwerber innerhalb der darauf folgenden fünf beziehungsweise sieben Jahre (§ 13 a Abs. 5 Satz 1 und Abs. 8) sogenannte Überentnahmen tätigt und steuerlich begünstigtes Vermögen veräußert, werden der Verschonungsabschlag und der Freibetrag der Nachversteuerung unterworfen.
Das OLG Stuttgart hatte im Urteil vom 5. November 2013 – 12 U 113/13 über einen Fall zu entscheiden, in dem die Tochter eines verstorbenen OHG-Gesellschafters den Steuerberater wegen der Verletzung der Beratungspflicht bezüglich der Einhaltung der fünfjährigen Sperrfrist nach § 13 a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG a. F. auf Schadensersatz in Höhe der festzusetzenden Nachversteuerung verklagt hatte.
Der Steuerberater hatte in einem Aktenvermerk darauf hingewiesen, dass die Begünstigungen des § 13 a ErbStG rückwirkend entfallen, wenn innerhalb von fünf Jahren nach dem Anteilserwerb sogenannte steuerliche Überentnahmen getätigt werden, die vorliegen, wenn die Summe der Einlagen und der Gewinnanteile nach der damaligen Gesetzesfassung um mehr als 52.000 € überstiegen wird. In einem späteren Besprechungsprotokoll wurde festgehalten, dass innerhalb von fünf Jahren nach der Schenkung aus der OHG die anteilig geschenkten Mittel des gesamthänderisch gebundenen Vermögens der begünstigten Tochter zur Entnahme und zur Finanzierung der Erbschaftssteuer nicht zur Verfügung stehen.
Nach Ansicht des OLG Stuttgart hatte der Steuerberater den späteren Erblasser über die Überentnahmen, die zu einem Wegfall der durch § 13 a Abs. 1 ErbStG a. F. gewährten Steuervergünstigungen führten, sowohl schriftlich als auch mündlich zutreffend und ausreichend beraten.
Der Steuerberatungsvertrag mit dem Erblasser habe zwar eine Schutzwirkung zugunsten der Klägerin, also der Tochter des Erblassers, da sich die steuerlichen Folgen einer etwaigen Gestaltung nicht nur auf das Vermögen des Erblassers, sondern auch auf das Vermögen der Klägerin auswirken.
Der Steuerberater sei aber mit den erteilten Hinweisen, die hinreichend verständlich gewesen seien, seiner Beratungspflicht gegenüber dem Erblasser vollumfänglich nachgekommen. Eine Verpflichtung zur konkreteren Erläuterung habe, jedenfalls ohne eine entsprechende Nachfrage, die nicht behauptet wurde, nicht bestanden. Die Voraussetzungen, unter denen eine steuerschädliche Überentnahme anzunehmen sei, seien vorliegend nicht derart komplex, dass eine besondere Erklärung des Gesetzestextes von § 13 a Abs. 5 ErbStG notwendig gewesen sei.
Bei dem Erblasser, der Gesellschafter und Geschäftsführer verschiedener Unternehmen gewesen sei, könne ein gewisses Grundverständnis vorausgesetzt werden, was Begriffe wie „Entnahme“, „Einlage“ und „Gewinnanteil“ betreffe. Die Klägerin habe in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass sich ihr Vater im Steuerrecht „ganz gut“ ausgekannt habe. Schließlich sei in der Besprechung mit dem Steuerberater auch der „Haussteuerberater“ der Familie und der Gesellschaften anwesend gewesen, sodass davon ausgegangen werden könne, dass etwaige Unklarheiten unmittelbar hätten aufgeklärt werden können. Eine individuelle Berechnung der steuerlichen Auswirkung einer etwaigen Überentnahme sei nicht notwendig gewesen, da diese zum damaligen Zeitpunkt nicht im Raum gestanden habe und eine Berechnung lediglich beispielhaft hätte erfolgen können und daher ohne konkreten Aussagewert geblieben wäre.
Es habe auch keine Verpflichtung bestanden, in besonderem Maße auf die Risiken einer Überentnahme hinzuweisen. Zu einer besonders nachdrücklichen oder eindringlichen Beratung sei der Steuerberater grundsätzlich nicht verpflichtet, weil es hierfür keinen objektiven Maßstab gebe (BGH, Urteil vom 22. September 2005 – IX ZR 205/01). Ohne einen besonderen Anlass müsse der Steuerberater einmal erteilte Hinweise auch nicht in regelmäßigen Abständen wiederholen (BGH, Urteil vom 4. Juni 1996 – IX ZR 246/95). Schließlich müsse ein Steuerberater – ohne einen besonderen Auftrag – auch nicht überwachen, ob sein Gestaltungsvorschlag entsprechend den erteilten steuerrechtlichen Hinweisen umgesetzt werde (BGH, Urteil vom 11. Mai1995 – IX ZR 130/94).
Das zitierte Urteil verdeutlicht noch einmal, welche Bedeutung Aktenvermerken über Mandantenbesprechungen, die von den Berufsträgern erstellt werden, durch die Gerichte beigemessen wird. Auch gegenüber geschäftserfahrenen Mandanten sollte darauf nicht verzichtet, sondern zur Absicherung sogar aus den einschlägigen Steuergesetzen zitiert werden. Darüber hinaus empfiehlt es sich darauf hinzuweisen, dass eine Fristenüberwachung ohne gesonderten Auftrag nicht geschuldet wird.
Martin Kreft, Rechtsanwalt/Justiziar, Versicherungsstelle Wiesbaden, Versicherergemeinschaft für das wirtschaftliche Prüfungs- und Treuhandwesen
Quelle:
WPK Magazin 2/2014