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Gestaltung der angemessenen Versicherungssumme
Für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater stellt sich im Zusammenspiel von Umfang des Mandats, dem Haftungsrisiko und den gesetzlichen Vorgaben regelmäßig die Frage nach der angemessenen Höhe der Versicherungssumme ihrer Berufshaft- pflichtversicherung. Der Artikel nennt entscheidende Kriterien zur Beurteilung und zeigt mögliche Fragen auf, die für die Ermittlung der angemessenen Versicherungs- summe hilfreich sein können.
Um die Höhe einer angemessenen Versicherungssumme zu bestimmen, sind zunächst die gesetzlichen Vorgaben zur Mindestversicherungssumme und Jahreshöchstleis- tungzubeachten(§54Abs.4Satz1WPOi.V.m.§323 Abs. 2 Satz 1 HGB; § 67 Satz 1 StBerG, § 52 Abs. 1 DVStB).
Die Höhe dieser Mindestbeträge fassen wir im Beitrag „Versicherungssumme und Jahreshöchstleistung“ zu- sammen (VSW aktuell, Ausgabe 02/2018, 11 f.), der unter „v-s-w.de/versicherungssumme-und-jahreshoechstleis- tung“ zum Download bereitsteht.
Rechtliche Grundlage der Angemessenheit
Unabhängig von den gesetzlichen Mindestversicherungs- summen ist sowohl der Wirtschaftsprüfer als auch der Steuerberater bzw. sind die jeweiligen Berufsgesellschaf- ten verpflichtet, sich gegen die aus der Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden angemessen zu versichern (§ 27 Berufssatzung WP/vBP, § 67 Abs. 1 StBerG).
Was ist jedoch eine angemessene Versicherungssumme und wie kann sie ermittelt werden?
Regelmäßige Risikoanalyse
Theoretisch sollte die Versicherungssumme immer dem Betrag entsprechen, der aufgewendet werden muss, um den höchstmöglichen denkbaren Schaden zu regulieren. Eine fundierte, individuelle Risikoanalyse verbunden mit der Festlegung einer angemessenen Versicherungssum- me ist daher Pflicht, ebenso wie die regelmäßige Überprü- fung der bestehenden Versicherungssumme im Hinblick auf das aktuelle Schadensrisiko.
Individuelle Kriterien Ihres Risikos
Bei der Bestimmung der angemessenen Versicherungs- summe sind zunächst einmal nicht allein die Größe der Kanzlei oder der erwirtschaftete Jahresumsatz aus- schlaggebend. So kann z. B. das Haftungsrisiko eines Steuerberaters, der sich mit seiner Kleinpraxis in der Auf- bauphase befindet, durchaus größer sein, als das Risiko einer größeren etablierten, personell und sachlich bes- tens ausgestatteten Kanzlei (so bereits BGH, Urteil vom 27.10.1975, BGHZ 65, 209).
Bei der Ermittlung der im Einzelfall angemessenen Versi- cherungssumme und der Jahreshöchstleistung sind viel- mehr die Haftpflichtrisiken der jeweiligen Praxis zu be- rücksichtigen.
Anhaltspunkte für die Risikoeinschätzung können insbe- sondere sein:
– Art, Umfang und Anzahl der Mandate,
– Anzahl und Qualifikation der Mitarbeiter,
– Struktur bzw. Tätigkeitsgebiet der Kanzlei, z. B. Beratungs-, Prüfungs- und Buchführungstätigkeit, Art und Umfang der Tätigkeiten, die mit dem Beruf des Wirtschaftsprüfers oder Steuerberaters vereinbar sind, wie z. B. Lehrtätigkeiten oder treuhänderische Tätigkeiten (§ 43a Abs. 2 WPO, § 57 Abs. 3 StBerG).
Ein Kriterium für die abzuschließende Versicherungs- summe kann zudem das Mandat mit dem betragsmä- ßig höchsten Risiko der Kanzlei sein. Hierbei kommt es aber nicht auf den Wert des Mandates oder das höchste berechnete Honorar an. Abzustellen ist vielmehr auf die Mandate mit der höchsten Steuerlast oder generell dem höchsten wirtschaftlichen Interesse für den Mandanten.
Die weiter zunehmende Anspruchsmentalität der Man- danten, die allgemeine Mandantenstruktur der Kanzlei, der Einsatz von neuen Medien und Softwarelösungen und die daraus entstehenden ggf. höheren Haftungsrisiken so- wie die Absicherung der eigenen Vermögenswerte können hierbei die persönliche Entscheidung über die Höhe der angemessenen Versicherungssumme beeinflussen.
Sozien und Partner
Zu berücksichtigen kann auch die Höhe der Versiche- rungssumme von etwaigen Sozien oder Partnern sein, wenn eine derartige Zusammenarbeit besteht. Da es bei einer Sozietät oder Partnerschaft in der Regel zu einer ge- samtschuldnerischen Inanspruchnahme kommen dürfte, sollten alle Berufsträger in diesem Falle über einen Versi- cherungsschutz in gleicher Höhe verfügen, damit es nicht zu Deckungslücken in einem eventuellen Schadenfall kommt.
Veränderungen des Berufsbildes
Bedenkenswert ist auch die Tatsache, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestversicherungssummen für Wirt- schaftsprüfer seit 1998 (KonTraG, BGBl. 1998 I, 786, 791; Ebke, MüKo HGB, § 323, Rn. 7) und für Steuerberater seit dem Inkrafttreten der DVStB im Jahre 1979 unverändert bestehen, ohne dass die Veränderungen des Berufsbildes oder die Inflation Berücksichtigung fanden.
Einzelrisiko
In manchen Fällen kann es aus den vorgenannten Grün- den auch sinnvoll sein, ein Einzelrisiko separat abzusi- chern, damit für ein spezielles Risiko die gewählte Versi- cherungssumme ausschließlich zur Verfügung steht, ohne den Grundvertrag zu belasten. Dies ist besonders dann sinnvoll, wenn ein exponiertes, aus dem gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hervorstechendes Mandat abgesichert werden soll. Hier kann auch ein entsprechender Wunsch des Mandanten vorliegen, der ebenfalls Einfluss auf die Bestimmung der angemessenen Versicherungssumme haben kann.
Am Ende kann jedoch nur der Versicherungsnehmer selbst eine Entscheidung über die Höhe der angemesse- nen Versicherungssumme treffen, indem er entscheidet, worin er sein wirtschaftliches Risiko sieht.
Haftungsbegrenzung
Im Übrigen und unabhängig von der gesetzlichen Min- destversicherungssumme und der Angemessenheit der individuell erforderlichen Versicherungssumme ist auch die Höhe vereinbarter Haftungsbegrenzungen mit Man- danten zu beachten. Die Höhe der Versicherungssumme sollte mindestens dem Betrag der höchsten mit einem Mandanten vereinbarten Haftungsbegrenzung entspre- chen. Ansonsten wäre die Vereinbarung der Haftungsbe- grenzung ungültig.
Wir empfehlen Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern, die Frage der Höhe der Versicherungssumme zum eige- nen Schutz nicht aus den Augen zu verlieren.
Sprechen Sie uns an. Gerne beraten wir Sie zur Höhe Ihres individuell erforderlichen Versicherungsschutzes und un- terbreiten Ihnen bei Bedarf ein Angebot zur Optimierung Ihrer Versicherungssumme.