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Gefälligkeitsauskunft oder Auftrag
5. Dezember 2014 | Kundenmagazin

Gefälligkeitsauskunft oder Auftrag

Im Praxisalltag kommt es regelmäßig vor, dass kurze Anfragen von Mandanten an Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer und Steuerberater herangetragen werden, die nicht von dem bisherigen Auftragsverhältnis umfasst waren. Die Fragen werden in der Regel mündlich an den Berufsträger gerichtet und unmittelbar ohne vorherige Recherche beantwortet. Typischerweise erfolgt dies nicht im Beisein einer weiteren Person. Wenn diese Auskunft fehlerhaft war und es dadurch zu einer vermeidbaren Mehrsteuer kommt, stellt sich schnell die Frage nach der haftpflichtrechtlichen Verantwortlichkeit.

Die haftpflichtrechtliche Beurteilung einer fehlerhaften und unmittelbaren mündlichen Antwort auf eine gesprächsweise Anfrage hängt davon ab, ob durch diese Auskunft ein Steuerberatungsvertrag mit einem entsprechenden Rechtsbindungswillen abgeschlossen worden ist oder ob es sich vielmehr um eine reine Gefälligkeitsauskunft gehandelt hat. Diese Unterscheidung ist juristisch deshalb bedeutsam, weil eine Haftung für aus Gefälligkeit erteilte Ratschläge oder Empfehlungen gemäß § 675 Abs. 2 BGB ausgeschlossen ist. Die Verpflichtungen aus einem Steuerberatungsvertrag hingegen können bekanntlich eine Haftung nach sich ziehen.

Die Abgrenzung einer Gefälligkeitsauskunft zu einem steuerlichen Auftragsverhältnis ist jedoch nicht einfach und jeweils nur im Einzelfall vorzunehmen. Der BGH hatte mit seinem Urteil vom 18.12.2008 (AZ: IX ZR 12/05; NJW 2009, 1141 ff.; DStR 2009, 818 f.; Juris) dies erneut entsprechend verdeutlicht. Er stellte noch einmal klar, dass die Abgrenzung anhand objektiver Kriterien aufgrund der Erklärungen und des Verhaltens der Parteien zu ermitteln ist, wobei vor allem die wirtschaftliche sowie die rechtliche Bedeutung der Angelegenheit, insbesondere für den Begünstigten und die Interessenlage der Parteien, heranzuziehen seien. Dem Umstand, dass für eine Auskunft keine Vergütung verlangt wird, komme hierbei kein entscheidendes Gewicht zu. Hingegen würden Zusicherungen des Auskunftgebers und das Versprechen zur Nachprüfung für einen Rechtsbindungswillen sprechen.

Auf Grundlage dieser Vorgaben hatte vor Kurzem das Landgericht Leipzig mit Urteil vom 18.2.2014 (AZ: 3 O 2768/12) über die Haftung eines Berufsangehörigen zu entscheiden. Das Mandatsverhältnis zeichnete sich in diesem Fall dadurch aus, dass umfassende steuerrechtliche Beratungen schriftlich fixiert und im Rahmen von persönlichen Beratungsgesprächen erbracht wurden. Kleinere telefonische Anfragen, sogenannte Serviceleistungen, wurden gebührenfrei beantwortet.

Der Mandant hatte einen Mitarbeiter des Steuerberaters telefonisch gefragt, ob es bei einem von ihm geplanten Verkauf seiner Geschäftsanteile zu einem symbolischen Preis von 1 Euro „Probleme“ geben würde. Diese Frage wurde verneint. Durch den anschließenden Verkauf ergaben sich jedoch im Nachhinein steuerliche Nachteile, da Verlustvorträge untergingen.

Entscheidend für das Landgericht war, wie diese Auskunft rechtlich einzuordnen war. Die Anfrage des Mandanten erfolgte telefonisch und wurde sogleich mündlich in einem kurzen Gespräch beantwortet. Es wurde dazu nichts schriftlich festgehalten. Eine Rechnung hierüber wurde nicht gestellt. Aufgrund der Gesamtheit dieser einzelnen Umstände kam das Landgericht zu dem Ergebnis, dass es sich hier um eine Gefälligkeitsauskunft gehandelt habe und nicht um einen Auskunftvertrag. Eine Haftung konnte daher nicht begründet werden.

Diese Entscheidung, so sehr sie auch zu begrüßen ist, verdeutlicht noch einmal, dass gerade auch bei kurzen telefonischen Auskünften Haftungsgefahren bestehen. Auch die häufig gewählte Formulierung auf Briefbögen, dass für mündliche oder telefonische Auskünfte keine Haftung übernommen werde, dürfte daher nicht automatisch zu einer Haftungsfreizeichnung führen.

Für die Praxis empfiehlt sich vielmehr, auf spontane mündliche Anfragen sehr zurückhaltend mit der Erteilung von Auskünften zu reagieren, vor allem, wenn diese sichtbar wirtschaftlich bedeutend für die Mandanten sind. Eine wohlüberlegte schriftliche Antwort wäre hier die geeignete Vorgehensweise, auch wenn dies im Praxisalltag nicht immer einfach umzusetzen ist.