Kundenmagazin

30. Oktober 2019 | Kundenmagazin

Erweiterte Auslandsdeckung schützt vor Deckungslücken

  • Mit der immer noch weiter zunehmenden Internationalisierung kommen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater immer mehr mit Sachverhalten in Berührung, die Auslandsbezüge aufweisen. Der Beitrag zeigt anhand eines besonderen Falls auf, wie sogar ein Wirtschaftsprüfer bzw. Steuerberater, der kein Mandatsverhältnis zu einem ausländischen Mandanten unterhält, die Grenzen der Grunddeckung im Ausland überschreiten kann.

Wirtschaftsprüfer und Steuerberater sowie deren Berufsgesellschaften aller Größen sollten sich auch vor den Risiken schützen, die in ihrer Kanzlei durch Auslandssachverhalte entstehen können. Daher deckt die bei uns geführte Berufshaftpflichtversicherung der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater einen erheblichen Teil der durch einen Auslandsbezug denkbaren Schäden ab.

In diesem Sinn legen unsere Versicherungsbedingungen fest, was versichert ist und was nicht.

Grenzen der Auslandsdeckung

So sind Haftpflichtansprüche u. a. dann nicht gedeckt, wenn

  1. diese vor einem ausländischen Gericht geltend gemacht
    werden (mit Ausnahme von Gerichten im europäischen
    Ausland, der Türkei, der russischen Föderation und
    Staaten auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion)
  2. diese aus Tätigkeiten der Niederlassungen, Zweigniederlassungen
    oder Beratungsstellen im Ausland resultieren.

 

Grenzen bestehen auch bei Haftpflichtansprüchen aus der Verletzung oder Nichtbeachtung ausländischen Rechts (mit Ausnahme des Rechts des europäischen Auslands, der Türkei, der russischen Föderation und Staaten auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion).

Weitere Details der Regelung ergeben sich aus Teil 3, A., 4.1 und Teil 4, A., 4.1 AVB-WSR 2019.

In einem großen Umfang wird der Berufsträger überblicken, in welchem Umfang er den o. g. im Grundsatz nicht versicherten Risiken ausgesetzt ist. Soweit er ausländische Mandanten berät bzw. inländische Mandanten bei der Expansion ins Ausland begleitet, sind die Berührungspunkte mit ausländischem Recht offensichtlich.

Inanspruchnahme durch Dritte

Schwer kalkulierbare Risiken entstehen, wenn ein (inländischer) Berufsträger durch einen Dritten vor einem außereuropäischen Gericht wegen einer Tätigkeit im Inland in Anspruch genommen wird. Der Hintergrund einer derartigen Inanspruchnahme muss dabei nicht unbedingt ein unmittelbarer Auslandsbezug, d. h. eine Tätigkeit für einen ausländischen Auftraggeber oder eine Beratung im ausländischen Recht sein. Vielmehr entsteht das Risiko bereits durch einen mittelbaren Auslandsbezug, wie folgender Fall zeigt.

Fall: Mittelbarer Auslandsbezug nach China

Eine chinesische Finanzierungsleasinggesellschaft verklagte eine deutsche Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vor einem chinesischen Gericht in Millionenhöhe. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hatte die Jahresabschlüsse einer deutschen Mandantin geprüft, die über eine Tochtergesellschaft an chinesischen Gesellschaften beteiligt war. Die Klägerin hatte den chinesischen Gesellschaften Kredite gewährt. Sie behauptete in ihrer Klageschrift, vor der Kreditgewährung auf die soliden Jahresabschlüsse der deutschen Muttergesellschaft vertraut zu haben. Die Jahresabschlüsse hätten sich jedoch später als fehlerhaft herausgestellt, nachdem herauskam, dass Bilanzmanipulationen bei den chinesischen Gesellschaften stattgefunden hatten, die schließlich zur Insolvenz der chinesischen und auch der deutschen Gesellschaft führte. Die Klägerin sei mit ihren Krediten weitgehend ausgefallen.

Das chinesische Gericht ließ die Klage gegen die deutsche Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in China zu. Gemäß Artikel 265 der chinesischen Zivilprozessordnung bestehe ein Gerichtsstand am Ort des schädigenden Ereignisses. Ort des schädigenden Ereignisses sei der Ort, an dem die schädigende Handlung erfolge bzw. der Erfolg der schädigenden Handlung eintrete. Danach sei die Klage in China zulässig, da als Folge der vermeintlich unzureichenden Prüfung durch die deutsche Wirtschaftsprüfungsgesellschaft der Schaden in China eingetreten sei.

Auslandsdeckung

Der Fall zeigt anschaulich, dass mit den weiter zunehmenden globalen Verflechtungen das Risiko steigt, im außereuropäischen Ausland in Anspruch genommen zu werden. Die internationale Zuständigkeit eines Falls am Ort des schädigenden Ereignisses festzumachen, ist auch unserem Rechtssystem nicht fremd. Es gibt auch weitere Fallgestaltungen, in denen ausländische Gerichte ihre Zuständigkeit für Klagen gegen deutsche Berufsträger bejahen könnten.

  • Die Grunddeckung „Auslandsschutz“ greift wie üblich bei Geltendmachung vor Gerichten im europäischen Ausland, in der Türkei, in der Russischen Föderation und in den sonstigen Staaten auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion bzw. bei Verletzung des Rechts der genannten Staaten. Für geografisch darüber hinausgehenden Schutz bieten wir eine erweiterte Auslandsdeckung an.

Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer und Steuerberater tun bereits viel, um ihre Risiken zu minimieren und Abläufe in der Praxis zu optimieren, damit Konflikte mit Mandanten oder innerhalb der Kanzlei möglichst vermieden werden können. In der Schadenpraxis begegnen uns auch Fälle, deren Ursachen nur auf den ersten Blick in scheinbar fehlendem Fachwissen, versagender Technik, uneffektiven Prozessen oder Ähnlichem liegen. Die persönliche Situation, zwischenmenschliche Beziehungen und die Kommunikation innerhalb der Kanzlei und mit Mandanten spielen genauso eine Rolle bei der Entstehung von Risiken. Wir möchten Ihnen eine weitere Strategie zur Risikominimierung vorstellen: Die anlassbezogene Reflexion Ihrer beruflichen Situation in einer Fallsupervision, sei es zur Prävention, sei es in Folge eines bereits vorliegenden Schadensfalles. Fallsupervision stellt den Menschen in den Mittelpunkt und hilft schnell und gezielt bei der beruflichen Risikominimierung und nachhaltigen Klärung in Schadensfällen, die über die finanziellen und juristischen Aspekte hinausgeht. Wir verweisen dazu auf den folgenden Beitrag unserer Gastautorin Frau Dr. Michaela Theißen.