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13. Juli 2022 | Kundenmagazin

Berufsrechtsreform

Am 01.08.2022 tritt das Gesetz zur „großen BRAO-Reform“ in Kraft. Es ist getragen von der Idee, Steuerberatern die interprofessionelle Zusammenarbeit mit weiteren Berufsgruppen zu erleichtern. Wesentliche Kernpunkte sind dabei ein hohes Maß an gesellschaftsrechtlicher Organisationsfreiheit sowie einheitliche und rechtsformneutrale Regelungen für sämtliche anwaltliche und steuerberatende Berufsausübungsgesellschaften. Mit dem Beitrag geben wir erste Hinweise auf mögliche Auswirkungen auf Ihre Berufshaftpflichtversicherung und weisen auf bedeutende Regelungen der Reform hin. Die im Folgenden angesprochenen Gesetzeszitate beziehen sich auf die ab dem 01.08.2022 geltenden neuen Regelungen.

 

Bedeutende Regelungen durch die BRAO-Reform

Gesellschaftsrechtliche Organisationsfreiheit

§ 49 StBerG n. F. erlaubt es Steuerberatern, sich in den rechtlichen Grenzen zu Berufsausübungsgesellschaften zusammenzuschließen. Der Begriff der Berufsausübungsgesellschaft führt keinen weiteren Gesellschaftstyp ein. Es handelt sich vielmehr um eine rein faktische Beschreibung der Tatsache, dass sich Berufsträger zur gemeinsamen Berufsausübung zusammenschließen. Die Rechtsform spielt dabei keine Rolle.

Für ihre berufliche Zusammenarbeit stehen Steuerberatern klassisch folgende Rechtsformen zur Verfügung:

  1. Gesellschaften nach deutschem Recht einschließlich der Handelsgesellschaften (hierunter fallen auch GbR und PartG),
  2. Europäische Gesellschaften,
  3. Gesellschaften, die nach dem Recht eines EU-Staates oder eines EWR-Vertragsstaates zulässig sind.

Berufsausübungsgesellschaft mit eigener berufsrechtlicher Verantwortlichkeit

Die Vorschriften für die steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften finden sich in den §§ 51 und 52 StBerG n. F.

Neu daran ist: Nicht nur die einzelnen Berufsträger sind Adressaten berufsrechtlicher Pflichten, sondern auch die Berufsausübungsgesellschaft selbst ist es. Damit sind die Berufsausübungsgesellschaften selbst unabhängig von ihrer Rechtsform verpflichtet, die jeweiligen berufsrechtlichen Regelungen einzuhalten. Zudem ist die Berufsausübungsgesellschaft selbst berechtigt, ihre Dienste anstelle des einzelnen Gesellschafters/Partners/Sozius zu erbringen.

Zulassung der Berufsausübungsgesellschaft

Nach § 53 Abs. 1 StBerG n. F. bedürfen Berufsausübungsgesellschaften grundsätzlich der Anerkennung durch die Kammer, wodurch sie zu deren Mitglied werden und ihrer Berufsaufsicht unterstehen.

Eine Ausnahme gilt für Personengesellschaften, bei denen keine Beschränkung der Haftung natürlicher Personen vorliegt und denen als Gesellschafter und als Mitglieder der Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane ausschließlich Berufsträger eines in § 50 Abs. 1 Nr. 1 StBerG n. F. genannten steuerberatenden Berufs angehören. Diese Gesellschaften müssen nicht anerkannt werden, können aber freiwillig einen entsprechenden Antrag stellen.

Interprofessionelle Berufsausübungsgesellschaft

Die BRAO-Reform erleichtert die interprofessionelle Zusammenarbeit. Vor allem § 50 Abs. 1 Nr. 4 StBerG n. F. erweitert den Kreis der sozietätsfähigen Berufe. Danach ist nun die Zusammenarbeit mit Personen zulässig, die in der Berufsausübungsgesellschaft einen freien Beruf nach § 1 Abs. 2 PartGG ausüben, es sei denn, die Verbindung mit diesem Beruf ist für den Rechtsanwalt/Steuerberater/Steuerbevollmächtigten mit seiner Stellung als unabhängigem Organ der (Steuer-)Rechtspflege nicht vereinbar oder das Vertrauen in seine Unabhängigkeit ist gefährdet.

Eine Zusammenarbeit mit gewerblichen Berufen ist nach wie vor nicht möglich.

Die Angehörigen des sozietätsfähigen Berufs haben bei ihrer Tätigkeit für die Berufsausübungsgesellschaft bestimmte Pflichten zu beachten, die für die Mitgesellschafter von Steuerberatern in § 51 StBerG n. F. geregelt sind. Die gesetzliche Verschwiegenheit des sozietätsfähigen Gesellschafters ist ausdrücklich geregelt, § 51 Abs. 2 StBerG n. F. Ein Verstoß hiergegen führt zur strafrechtlichen Ahndung gemäß § 203 StGB.

Versicherungspflicht

Nach § 55f StBerG n. F. sind Berufsausübungsgesellschaften verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen und während der Dauer ihrer Betätigung aufrechtzuerhalten. Wird die Berufshaftpflichtversicherung nicht oder nicht in dem vorgeschriebenen Umfang unterhalten, so haften neben der Berufsausübungsgesellschaft die Gesellschafter und die Mitglieder des Geschäftsführungsorgans ggf. persönlich in Höhe des fehlenden Versicherungsschutzes. Die persönliche Versicherungspflicht von Gesellschaftern einer Berufsausübungsgesellschaft nach § 67 StBerG bleibt neben der Versicherungspflicht für die Berufsausübungsgesellschaft bestehen, soweit kein Anstellungsverhältnis mit der Berufsausübungsgesellschaft oder keine freie Mitarbeit besteht.

Hinsichtlich der Mindestversicherungssumme für die Berufsausübungsgesellschaft ist nach § 55f StBerG n. F. wie folgt zu differenzieren:

BRAO-Schaubild

** ab dem fünften Gesellschafter/Geschäftsführer: Jahreshöchstleistung = Versicherungssumme x Anzahl der Gesellschafter/Geschäftsführer

Die Leistungen des Versicherers für alle innerhalb eines Versicherungsjahres verursachten Schäden können auf den Betrag der jeweiligen Mindestversicherungssumme begrenzt werden, vervielfacht mit der Zahl der Gesellschafter und mit der Zahl der Geschäftsführer, die nicht Gesellschafter sind, mindestens aber vervierfacht, § 55f Abs. 5 StBerG n. F.

Die Versicherungspflicht beginnt mit der Aufnahme der Tätigkeit als Berufsausübungsgesellschaft und endet mit deren Einstellung. Dies muss dem Versicherer in geeigneter Weise angezeigt werden.

Die Versicherungsnehmerin muss die Berufsausübungsgesellschaft sein. Es genügt nach dem Gesetzeswortlaut nicht mehr, dass der einzelne Gesellschafter/Partner/Sozius Versicherungsnehmer und die Berufsausübungsgesellschaft mitversichert ist.

Was ist zu tun

Berufsträger sollten prüfen, ob sie mit anderen Berufsträgern dergestalt zusammenarbeiten, dass sie eine Berufsausübungsgesellschaft bilden. Dies kann möglicherweise auch bei einer rein faktischen Zusammenarbeit wie z. B. in einer ARGE oder Bietergemeinschaft der Fall sein.

Weiter sollte geprüft werden, ob für diese Gesellschaft bereits Versicherungsschutz besteht oder ob bisher nur die einzelnen handelnden Personen versichert sind.

Gern können sich betroffene Berufsträger an uns wenden. Gemeinsam finden wir den passenden Versicherungsschutz.

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Von Stefan Werner
Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) Abteilungsleiter Betrieb