Fachzeitschriften

1. Februar 2005 | Fachzeitschriften

Abschlussprüfung und Prospekthaftung

Zum Thema Abschlussprüfung und Prospekthaftung ist eine interessante Entscheidung des OLG Nürnberg vom 18.01.2005 – 9 U 2513/04 ergangen.

Vereinfacht dargestellt lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger beteiligte sich in den Jahren 1994 und 1995 mehrfach als atypisch stiller Gesellschafter an einer AG. Grundlage waren Emissionsprospekte, in denen die von dem Beklagten geprüften und mit dem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk versehenen Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen abgedruckt waren. Sie zeigten ein günstiges Bild der AG. Die mit den Einlagen des Klägers und anderer Beteiligten geplanten Investitionen wurden nicht verwirklicht. Infolge des Konkurses der AG in 1997 war die Einlage des Klägers verloren. Hierfür verlangt er vom Beklagten Schadensersatz. In den Emissionsprospekten seien unter anderem die vom Beklagten fehlerhaft testierten und irreführenden Bilanzen abgedruckt gewesen. Der Anlagevermittler habe mit den WP-Testaten um das Vertrauen des Klägers geworben. Aus diesem Grund habe er sich beteiligt. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen.

Der Senat verneinte zunächst eine behauptete vorsätzliche Verletzung der Berichtspflicht.

„In den Lageberichten der Gesellschaft, die der Abschlussprüfung unterliegen, waren nach den seinerzeit geltenden Vorschriften der Geschäftsverlauf und die Lage der Kapitalgesellschaft so darzustellen, dass sie ein den tatsächlichen Verhältnissen und der Lage des Unternehmens entsprechendes Bild vermitteln. Bis zur Neufassung des § 289 Abs. 1, 2. Halbsatz und des § 322 Abs. 2 Satz 2 HGB durch das Gesetz über die Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom 27.4.1998, das zum 1.1.1999 in Kraft trat, waren Hinweise des Vorstands im Lagebericht auf Risiken der zukünftigen Entwicklung nicht vorgeschrieben, auch nicht Hinweise des Abschlussprüfers im Bestätigungsvermerk auf den Fortbestand des Unternehmens gefährdende Risiken, die nach § 322 Abs. 2 Satz 2 HGB nunmehr in die Bestätigungsvermerke aufzunehmen sind.“

Des Weiteren befasst sich der Senat mit vertraglichen und vertragsähnlichen Ansprüchen.

Die Dritthaftung wird mit der Erwägung verneint, dass die Rechtsprechung eine Schutzwirkung für Dritte nur dann bejaht, wenn der Auftraggeber ein schutzwürdiges Interesse an der Einbeziehung des Dritten habe. Auf dieser Grundlage komme eine Einbeziehung von stillen Beteiligten an den Unternehmen in die Schutzwirkung des Prüfungsauftrages der gesetzlichen Abschlussprüfung nicht in Betracht, denn sie würde der von § 323 Abs. 1 Satz 3 und 2. HGB bezweckten Begrenzung des Haftungsrisikos zuwiderlaufen. Die Beklagte selbst habe gegenüber den Klägern keine Erklärungen abgegeben, die als Auskunftserteilung mit einer damit verbundenen Haftung für die Richtigkeit der Erklärung gewertet werden könnten.

Die Haftung aus dem Gesichtspunkt der sogenannten Prospekthaftung hält der Senat ebenfalls nicht für gegeben. Nachdem die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze dargelegt werden, heißt es dann:

„Eine Haftung unter dem Gesichtspunkt der Garantenstellung der Beklagten kommt hier aber zweifellos nicht in Betracht, weil die Beklagten an der Erstellung des Prospektes und auch bei Zugrundelegung des Vortrags der Kläger nicht mitwirkten und den Inhalt nicht prüften. (…) Die Beklagten gehören nach allem nicht zum Kreis der Prospektverantwortlichen und haben für die Richtigkeit des Inhalts der Prospekte und die darin gemachten Angaben nicht einzustehen.”

Die Haftung wird auch aus den Gesichtspunkten des Verschuldens bei Vertragsschluss verneint.

„Mit der Veröffentlichung der Bestätigungsvermerke wurde nämlich kein den Beklagten zurechenbarer Vertrauenstatbestand für die Bonität der AG und die Sicherheit der Kapitalanlagen gesetzt, selbst wenn richtig wäre, dass die Beklagten den Inhalt der Prospekte, Geschäftsberichte und Werbemaßnahmen kannten und billigten oder mit ihm rechnen mussten. Denn die Prospekte und Geschäftsbereiche erhalten im vorliegenden Fall nichts weiter als die Aussage, dass die Beklagten die Jahresabschlüsse geprüft und dafür uneingeschränkte Bestätigungsvermerke erteilt haben. Damit wurde nicht der Eindruck erweckt, dass die Beklagten den Prospektinhalt, die Sicherheit oder Rentierlichkeit der Anlage oder die Wirtschaftsführung der AG geprüft hätten und die Gewähr für die Richtigkeit der Plausibilität und Unbedenklichkeit der im Prospekt gemachten Angabe aufgrund ihrer besonderen beruflichen Sachkunde übernehmen würden. (…)“

Bemerkenswert ist, dass eine Beweisaufnahme über die Richtigkeit der Bilanzen und der Testate nicht stattgefunden hat. Dieses Urteil sollte allerdings nicht zu der Auffassung verleiten, dass die Veröffentlichung der Bilanz und des Bestätigungsvermerks haftungsrechtlich keinerlei Relevanz besitzt.

Mitgeteilt von der Versicherungsstelle Wiesbaden, Versicherergemeinschaft für das wirtschaftliche