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14. Dezember 2018 | Kundenmagazin

Hinweis- und Warnpflicht außerhalb des vereinbarten Auftrags

Die Verletzung nebenvertraglicher Hinweispflichten ist immer wieder Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen zwischen dem steuerlichen Berater und seinem Mandanten. Im vergangenen Jahr fand die Entscheidung des BGH vom 26.1.2017 zur Hinweis- und Warnpflicht des Steuerberaters auf einen möglichen Insolvenzgrund bei der Jahresabschlusserstellung viel Beachtung (Versicherungsstelle aktuell, Ausgabe 1/2017, Seite 3 f.). Das OLG Hamburg hat nun unter Bezugnahme auf diese Entscheidung eine Hinweispflicht in einem Sachverhalt für geboten erachtet, in dem lediglich ein Übermittlungsauftrag bestand.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde. Die Mandantin – eine GmbH – beschloss Mitte 2010 eine Dividendenausschüttung. Sie ging davon aus, dass Kapitalertragsteuer an das Finanzamt abzuführen ist und wandte sich nach Auszahlung des Nettobetrags an ihre steuerliche Beraterin – eine aus Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Rechtsanwälten bestehende Partnerschaft – um das weitere Procedere wegen der abzuführenden Kapitalertragsteuer zu erfragen. Diese überließ ihr einen Vordruck zur Anmeldung der Kapitalertragsteuer und einen entsprechenden Leitfaden. Die Mandantin fertigte selbst die Kapitalertragsteueranmeldung an, verfügte jedoch über keinen lektronischen Zugang, um diese zu übermitteln. Entsprechend einer Vereinbarung der Parteien übernahm die steuerliche Beraterin die Erklärung in ihr System und versendete die Anmeldung an das Finanzamt. Im Folgejahr wiederholte sich der Vorgang. Im Nachhinein stellte die steuerliche Beraterin bei Erstellung der Körperschaftsteuererklärung fest, dass die Dividendenausschüttung unter Verwendung des steuerlichen Einlagekontos steuerfrei hätte erfolgen können. Auf die Klage der Mandantin verurteilte das LG und ihm folgend das OLG die Beraterin auf Ersatz der steuerlichen Mehrbelastung.

Das OLG sah zwar keinen eigenen Auftrag zur Überprüfung der von der Mandantin vorgefertigten Steuererklärung, u. a. da die steuerliche Beraterin ihr einen Vordruck nebst Leitfaden zur Erstellung der Steuererklärung übermittelt hatte. Das OLG nahm jedoch die Verletzung einer Hinweispflicht an. Die Steuerberaterin habe auf außerhalb des Mandats liegende Gefahren hinzuweisen, wenn diese ihr bekannt oder für sie offenkundig sind oder sie sich ihr bei ordnungsgemäßer Bearbeitung aufdrängen mussten. Diese Pflicht bestehe dann, wenn die Steuerberaterin Grund zur Annahme haben musste, dass sich der Auftraggeber der Gefahr nicht bewusst ist. Die Steuerberaterin habe auch in dem Mandat, das auf die bloße Übermittlung der Steuererklärung beschränkt ist, das ihr überlassene Datenmaterial nicht einfach übernehmen dürfen, sondern sei verpflichtet, den relevanten Sachverhalt aufzuklären und daraus ggf. veranlasste steuerrechtliche Hinweise zu geben. Da der Steuerberaterin das Vorhandensein des steuerlichen Einlagekontos bekannt gewesen sei, hätte sie, um ihrer Pflicht zur Schadenvorsorge gerecht zu werden, die Klägerin darauf aufmerksam machen müssen, dass das Einlagekonto die Steuerbarkeit der Gewinnausschüttung beeinflussen und gegebenenfalls dazu führen könne, dass die Dividendenzahlungen keinem Steuerabzug unterliegen. Die Belehrungsbedürftigkeit der Mandantin sei für die Steuerberaterin erkennbar gewesen. Unseres Erachtens hat das OLG die Hinweispflicht der Steuerberaterin, die lediglich mit der Übermittlung der von der Mandantin vorgefertigten Steuererklärung beauftragt war, zu weit gezogen. Die Steuerberaterin hatte keinen Anlass, sich inhaltlich mit dem Steuerrecht zu befassen, da lediglich die Übermittlung der von der Mandantin vorgefertigten Steuererklärung geschuldet war.

Die steuerliche Mehrbelastung musste sich der Beraterin nicht aufdrängen, da sie sich dafür mit den konkreten steuerlichen Gewinnen hätte beschäftigen müssen. Bemerkenswert ist zudem, dass das Gericht sich nicht zu einem Mitverschuldensbeitrag der klagenden Mandantin geäußert hat. Schließlich hatte diese die Ursache durch die fehlerhafte Erstellung der Steuererklärung erst gesetzt. Vor diesem Hintergrund wäre der Anspruch um die Mitverschuldensquote zu kürzen gewesen. Dieser Fall zeigt erneut anschaulich, dass die Hinweis und Warnpflicht auf außerhalb des Mandats liegende Gefahren ernst genommen werden muss. Die Rechtsprechung verlangt von den Berufsträgern ein umsichtiges Handeln. Die Verletzung der Hinweispflicht bei kleinen und scheinbar risikolosen Mandaten oder bei als Gefälligkeit (miss-)verstandenen Auskünften kann zu gewichtigen Haftungsansprüchen führen. Dies sollte der Berater in seiner Herangehensweise berücksichtigen, wenn er derartige Aufträge annimmt und abarbeitet.